Sedieren, präparieren und sezieren – in seinem preisgekrönten Kurzfilm LABORAT dokumentiert der in Berlin lebende Franzose Guillaume Cailleau mit unbehaglicher Genauigkeit das Leben einer Labormaus. Bis ins kleinste Detail zeigt Cailleau den Tagesablauf und die Untersuchungen in einer onkologischen Forschungsstation – und gewann für seine schonungslosen Bilder im Februar 2014 den Silbernen Bären in der Kategorie Kurzfilm der Berlinale. In den Räumen der Kienzle Art Foundation können sich Kunstinteressierte nun selbst einen umfassenden Eindruck von den gleichermaßen verstörenden wie virtuosen Bilderwelten der dokumentarischen Kurzfilme Cailleaus machen. Außerdem können die Besucher bei der Vernissage am 22. April ab 19 Uhr den Künstler zu seinen Filmen befragen. Und beim Künstlergespräch am 3. Mai um 19 Uhr diskutiert Guillaume Cailleau mit der renommierten Kuratorin und Co-Direktorin des Arsenals Stefanie Schulte Strathaus über seine Filmarbeiten.
In der Kienzle Art Foundation werden neben dem Hauptfilm „LABORAT" drei weitere Kurzfilme Cailleaus gezeigt, die die faszinierende thematische und ästhetische Bandbreite des Künstlers unter Beweis stellen. Die 2-Kanal Videoinstallation „Wild Wild" stellt Tiere aus den Ost- und Westberliner Zoos gegenüber. Im Video „BlitzKrieg" zeigt Cailleau eine Kreuzberger Straßenschlacht am 1. Mai 2005. Die Belichtungszeit der Kamera stellt er dabei so ein, dass die gesamte Szene nur durch die Fotoblitze der Pressefotografen erkennbar wird. Thematisch ähnlich, doch optisch völlig anders umgesetzt präsentiert sich dem Zuschauer „Austerity Measures" den Cailleau gemeinsam mit Ben Russell realisierte. Mithilfe eines Farbtrennungsverfahrens bearbeitete Aufnahmen von Athen spüren den dortigen Protesten gegen die Austeritätspolitik nach.
Der Berlinale-Siegerfilm „LABORAT" liefert dem Zuschauer einen Einblick in den Alltag medizinischer Tierversuche. Die Filmcrew begleitet Wissenschaftler einer onkologischen Forschungsstation in Berlin und legt den Fokus insbesondere schonungslos auf die Versuche an Mäusen. Cailleau verwendet hierbei eine Montagetechnik, die den Ablauf der medizinischen Experimente der Praxis des analogen Filmemachens gegenüberstellt. Dokumentiert werden auf diese Weise nicht nur die Untersuchungen am Forschungsobjekt, sondern gleichermaßen der Prozess des Dokumentierens. Das so erreichte Unvermögen des Zuschauers, sich vom Gesehenen zu distanzieren, fügt zum ohnehin unbequemen Thema der Tierversuche dem Filmerlebnis eine weitere Ebene des Unbehagens hinzu. In „LABORAT" erforscht Cailleau das Grenzgebiet zwischen künstlerischer und wissenschaftlicher Arbeit, hierbei geht es ihm unter anderem auch um die Frage, wie stark Kunst und Wissenschaft das menschliche (Über-)Leben beeinflussen. Eine eindeutige Antwort bleibt der Künstler dem Publikum schuldig. Der Film löste bei der Vorführung auf der Berlinale auch deshalb – und nicht nur wegen seiner expliziten Szenen – kontroverse Reaktionen aus. In Anbetracht dieses offensichtlichen Diskussionsbedarfs veranstaltet die Kienzle Art Foundation im Rahmen der Filmvorführungen eine Gesprächsrunde zum Thema mit der renommierten Kuratorin und Co-Direktorin des Arsenal – Institut für Film- und Videokunst Stefanie Schulte Strathaus.