Der finale Vinylrausch #70 gräbt eines der wunderbarsten und verrücktesten Alben der Rockgeschichte wieder aus: Rock Bottom (1974) schaukelt fünfzig Jahre nach seinem Erscheinen noch immer sanft auf den von Robert Wyatt losgetretenen Wellen seiner bis heute andauernden Liebesgeschichte mit Alfreda Benge. Filigran geschichtete musikalische Layer, fließende (Pop-)Melodien und die verrätselte Dada-Ästhetik der Songtexte saugen die Zuhörerinnen in eine einmalige musikalische Welt. Das Album hat einen fantastischen Sound und wird als Album des Monats ein echtes Erlebnis sein.
Wyatts eigentümliche Stimme, das leidenschaftliche Basteln an handgemachten Sounds und das Verwenden von einfachen Instrumenten aus dem Kinderzimmer spiegelt sich 45 Jahre später in den Songs von Richard Dawson. Sein Album 2020 (2019) ist ein wilder Ritt über treibende Rockrhythmen bis zu melancholischen Gitarrensongs. Geprägt sind Dawsons Geschichten von der nüchtern durchschauten Lebensrealität der englischen Mittelschicht. Ein erhellendes Album.
Laisse Ça Être (2017) von Aquaserge besteht aus einer endlosen Reihe von Überraschungen, Andeutungen und Versprechungen. Dem übersetzt ‘kümmere dich nicht darum’ heißenden Albumtitel werden wir uns nicht beugen und diese Art Pop-Perle noch mit an den Vinylrausch-Weihnachtsbaum hängen.
Beim Vinylrausch hören wir Vinylalben als Kunstwerke: von einer hervorragenden Anlage, laut und konzentriert im dunklen Kino-Raum, mit einer Einführung und Songtexten und Bandfotos parallel auf der Leinwand.