Farkhondeh Shahroudi
ICH HABE KNAST
Eine Ausstellung mit sozialen Kunstaktionen auf dem Spittelmarkt im Rahmen der Serie Speaking to Ancestors 2022/2023
Kuratiert von Pauline Doutreluingne und Keumhwa Kim
Ausstellungsdauer : 11. – 18. September 2022
Eröffnung : 10. September 2022, 17:00 Uhr mit der Performance sang zani
Standort : Auf dem Spittelmarkt/Leipziger Straße
Anfahrt : U2-Spittelmarkt oder Bus 200 (Ausgang Wallstr/Grünstra.enbrücke)
Als Auftakt der Ausstellungsserie „Speaking to Ancestors“ präsentiert die iranische Künstlerin Farkhondeh Shahroudi auf dem Spittelmarkt „Ich habe Knast“ mit einer Reihe von sozialen Kunstaktionen. Eröffnet wird die Ausstellung mit ihrer Performance „Sang Zani“ (2022), zu der das Publikum und Bewohner:innen aus dem Kiez eingeladen werden, zu vorgegebenen Rhythmen zwei Steine aufeinander zuklopfen. „Sang Zani“ ist eine performative Adaption der gleichnamigen schiitischen Trauerzeremonie „daste gardani“ und der Tradition des iranischen Theaters „Tazieh“, bei dem die Grenzen zwischen Zuschauer:innen und Performer:innen, Bühnenbild und Zuschauerraum aufbrechen und zu wechselnden Einheiten verschwimmen.
Ebenfalls auf dem Spittelmarkt präsentiert die Künstlerin ihre neue Arbeit „Gülüzar“ (persisch = Blumenwiese), einen mit persischen Teppichausschnitten verkleideten Wohnwagen. Mit diesem mobilen Garten entsteht ein Ort für diejenigen, die sesshaft-mobil sein wollen oder sein müssen, ein heterotopischer Ort, eine Fantasie, die im Laufe der Ausstellungszeit als Suppenküche für Bedürftige und Hungrige aktiviert und real wird. Mit „Gülüzar“ nimmt Shahroudi Bezug auf die Geschichte des Spittelmarkts als Quartier für Wanderer und Handwerksburschen. Das ehemalige „Siechenhaus“ für Bedürftige entwickelte sich hier später in das „Gertraudenhospital“.
In der DDR-Zeit lag hier das städtische Zentrum Ost-Berlins und markiert seit dem Mauerfall als Verkehrsknotenpunkt ein Viertel, wo unterschiedliche soziale Milieus nebeneinander ko-existieren.
Neben der Installation platziert Farkhondeh Shahroudi eine “Anti-Flagge” als Zeichen gegen Ideologie, Zugehörigkeit und territoriale Abgrenzung. Der Titel „Ich habe Knast“ ist eine im Osten Deutschlands gebräuchliche umgangssprachliche Redewendung für: Ich habe Hunger. Shahroudi transformiert ihre persönliche Geschichte als politische Asylantin aus den 90er Jahren in Deutschland und öffnet sich für Geschichten anderer Unterdrückte, um einen kollektiven Erinnerungsraum zu schaffen. „Ich habe Knast“ verbindet Installation, Aktion und Klang mit der Kunst des Geschichtenerzählens aus schiitischen Ritualen zu einer sozialen Skulptur, die zwischen „Traum“ und „Trauma” changiert.
Programm
14. September 2022, 11:00 Uhr
Im Dschungel gibt es viel zu tun (ES/DE)
Vorlesung für Kinder mit Maria Berrios.
Anmeldung zur Teilnahme:info@speakingtoancestors.de
16. & 17. September 2022, 11:00 - 16:00 Uhr
Gülüzar, Suppenküche für Bedürftige und diejenigen, die Knast haben.
Die Ausstellung „Ich habe Knast“ von Farkhondeh Shahroudi findet im Rahmen der von den Kuratorinnen Keumhwa Kim und Pauline Doutreluingne kuratierten Ausstellungsserie Speaking to Ancestors statt. Die zweijährige Programmreihe (2022-23) bildet eine Narration aus sieben aufeinanderfolgenden künstlerischen Positionen, die sich in ihren Arbeiten mit der Suche nach Genealogien und rituellen (Bild)Praktiken beschäftigen. Zwischen verblassten Mythen und tradierter Imagination kreieren die Künstler:innen performative Handlungsräume. Inspiriert von Überlieferungen ritueller Praxen entwickeln sie neue Formen, um Wunden inunserer globalen Gesellschaft zu heilen, und um vergessene Geschichten marginalisierter Gruppen auferstehen zu lassen. Das Programm kooperiert mit unterschiedlichen Orten in Berlin, die als „Erinnerungsräume“ fungieren; als Orte des Verehrens, Orte der Heilung oder Orte der Andacht. In Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ausstellungsortes sind die Künstler:innen eingeladen, ihre Arbeitenortsspezifisch neu zu entwickeln.
Informationen zum erweiterten Programm finden sie hier: www.speakingtoancestors.de
Presse und Kommunikation: Carola Uehlken, press@speakingtoancestors.de