Zum Stöbern, Anschauen und Mitnehmen: Wer Lesestoff sucht, findet ihn in vielen Fußgängerzonen gratis in einem Regal. Die Rückgabe der Bücher ist freiwillig oder es wird einfach gegen ein eigenes nicht mehr benötigtes Buch getauscht.
DIE IDEE HINTER DEM BOOK-SHARING
Viele haben über Jahre hinweg einen Überschuss an Büchern in den eigenen vier Wänden angesammelt. Manche davon sind vielleicht Geburtstagsgeschenke gewesen, die gar nicht erst gelesen wurden. Oder sie einmal zu lesen hat sich als durchaus ausreichend erwiesen. Und jetzt? Jetzt nehmen Sie nur noch Platz im Regal weg.
Warum also sollen diese Bücher zu Hause künftig nur noch als Staubfänger dienen?
Dann doch lieber mit anderen teilen und austauschen. Bücher wurden schon immer gerne verliehen. Ob in der Familie oder unter Freunden. Auch diese Bücher haben nicht immer ihren Weg zurück zum Käufer gefunden. Sofern es nicht das eigene Lieblingsbuch war, hat das auch niemanden gestört.
Das Book-Sharing ermöglicht eigentlich nichts anderes. Nur muss man niemanden finden, der das Buch gerne ausleihen oder abkaufen würde. Es wird einfach in den nächsten öffentlichen Bücherschrank der Stadt gestellt und wartet dort auf neue Interessenten.
Bücherschränke finden sich mittlerweile in jeder deutschen Klein- oder Großstadt.
Bildquelle: Tausendblauwerk (CC0-Lizenz)/pixabay.com)
Anschließend überkommt einen zwangsläufig ein gutes Gefühl: Der eigene Ballast ist verschwunden – jemand anderes wird sich vielleicht über das Buch sehr freuen. Das ist doch eine tolle Sache. Beim Abgeben findet sich vielleicht auch noch eine interessante neue Abendlektüre für sich selbst, die man bisher noch gar nicht auf dem Schirm hatte.
Denn hier entscheidet der Zufall. Niemand weiß, was einen beim Stöbern erwartet. Und genau das macht den Reiz des Book-Sharings auch aus.
Darüber hinaus ist man im Vergleich zur öffentlichen Bibliothek zeitlich in keinster Weise gebunden. Der Schrank ist rund um die Uhr zugänglich. Und sollte die Straßenlaterne am späten Abend nicht mehr ausreichen, stöbert man eben mit der Taschenlampe.
SO FINDET IHR DIE BÜCHERSCHRÄNKE IN EURER STADT
Im Internet könnt Ihr auf openbookcase.org ganz einfach den Ort eintippen, an dem Ihr Euch gerade befindet und die digitale Karte sucht Euch sofort sämtliche Share-Book-Stationen in Eurer Nähe raus. Berlin weist aktuell 32 von ca. 2000 solcher Einrichtungen weltweit auf.
Die erste in Berlin gab es bereits 2009 im Bezirk Prenzlauer Berg. Nur steht dort kein Bücherschrank, sondern ein „Bücherwald“ genannter Bücherbaum. Löst Euch daher von dem Gedanken, krampfhaft nach einem Bücherregal suchen zu müssen. In Berlin finden sich die Share-Book-Stationen zum Beispiel gerne auch in alten Telefonzellen.
- über 2000 Book-Sharing-Einrichtungen gibt es derzeit weltweit
- davon ca 95 allein im Großraum Berlin
- nicht alle sehen aus, wie der typische Bücherschrank
- sie sind über openbookcase.org leicht ausfindig zu machen
Beim Stöbern vor Ort ergeben sich auch oftmals Gespräche mit Gleichgesinnten. Dabei lassen sich leicht neue soziale Kontakte knüpfen. Es macht aber auch einfach schon Spaß, im Vorbeigehen kurz anzuhalten und bedenkenlos ein paar Bücher zu überfliegen und zu sehen, was neu dazugekommen ist.
Alles in allem eine sehr schöne Idee, gelesene Bücher zu spenden und andere damit vielleicht sehr glücklich zu machen.
So hat eine Freundin neulich auf dem Weg in den Urlaub am Flughafen noch ein interessantes Buch gesehen und sich überlegt, es gleich zu kaufen. Letztlich hat sie sich doch dagegen entschieden. Als die dann aber auf ihrer Reise zufällig an einem dieser Bücherschränke vorbei kam, fand sie doch glatt das gleiche Buch darin liegen. Darüber hat sie sich riesig gefreut und es auch gleich mitgenommen. Schicksal? An diesen tollen Zufall wird sie sich vermutlich noch lange mit einem schmunzelnden Lächeln zurückerinnern.
Es sind eben die kleinen Dinge im Leben, die einen glücklich machen.
Man muss sich auch nicht dazu gezwungen sehen, zwangsläufig ein Buch mitzunehmen. Und genauso wenig, eins abgeben zu müssen. Das ist gerade das Schöne am Book-Sharing im Vergleich zu den immer beliebter werdenden Tauschbörsen.
AUCH ONLINE WIRD IMMER MEHR GETAUSCHT
Auf den Online-Tauschbörsen hingegen wird nämlich mehr oder weniger eins zu eins getauscht. Um diesen Vorgang für die Nutzer einfacher zu gestalten, vergeben einige Portale auch Tauschpunkte für die angebotene Ware. Mit dieser virtuellen Währung können dann entsprechend ausgezeichnete Güter problemlos erworben werden.
Ein weiterer Vorteil ist, dass das Angebot bequem von zu Hause aus durchforstet werden kann. Leider ist man dabei aber auch grundsätzlich an das Angebot der jeweiligen Plattform gebunden.
Auf diesem Weg lässt sich die eigene finanzielle Situation eindeutig nicht verbessern. Das ist den fleißigen Tauschern aber auch nicht wichtig. Ihnen geht es nur um eins: Hauptsache gratis.
DER TREND GEHT IMMER ZUR GRATIS-GESELLSCHAFT
Wir entwickeln uns scheinbar immer mehr in die Richtung einer Gratis-Gesellschaft. Viele Produkte, die täglich gebraucht werden, muss man gar nicht kaufen. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Wer Proben bestellt oder als Testperson Fragebögen beantwortet, bekommt viele Waren völlig umsonst zur Verfügung gestellt. Auch verteilen viele Firmen Gratisproben, um so die Bindung zu ihrer Kundschaft zu stärken. Der Wert dieser Gratisproben sollte dabei keineswegs unterschätzt werden.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch im neuen Trend der „Essbaren Stadt“ wieder. Andernach hat Deutschland 2010 vorgemacht, wie es geht:
Ziele des Projekts:
Artenreichtum seltener Wild- und Nutzpflanzen, Nachhaltige Stadtökologie, Selbstbedienung
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=3C4cLxwMBOk
Ziel dieses Projekts ist hauptsächlich, den Artenreichtum seltener Wild- und Nutzpflanzen auszubauen, um damit eine nachhaltige Stadtökonomie zu schaffen.
An dem Gemüse und Obst, die dadurch ihren Weg zurück in die Stadt gefunden haben, dürfen sich alle frei bedienen. Wo dies möglich ist, erkennent man an der Beschilderung „Pflücken erlaubt“.
Zu Beginn befürchtete die Stadt noch einen eventuell auftretenden Vandalismus. Zum Glück wurde sie aber eines besseren belehrt. Bis heute gab es keine derartigen Vorkommnisse. Alle benehmen sich angemessen und ernten fröhlich vor sich hin.
KANN SICH DIESER TREND AUF DAUER AM LEBEN HALTEN?
Wie die vielen positiven Beispiele zeigen, scheint es bisher ganz gut zu funktionieren. So lange sich alle benehmen und ein Auge darauf werfen, wie mit dem Angebot umgegangen wird, dürfte es keine Probleme geben.
Beim Book-Sharing wurden den jeweiligen Schränken mittlerweile schon eigene Paten zugeteilt. Diese erklären sich quasi ehrenamtlich bereit, ab und an ein Auge auf diese zu werfen. Aber weniger aus Angst vor Vandalismus, sondern vielmehr, damit einmal täglich Ordnung im Regal geschafft wird und der Suchende keinen lieblosen Haufen durchweichter Bücher vorfindet.
von: Inspiration